HYBRIDE SPACE SHARING TYPOLOGIE
Basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen der vorangegangen Funktionsanalysen, wird abschließend nun der schematischen Betrachtung einer möglichen neuen Typologie für hybride Space Sharing Gebäude durch Nutzungsüberlagerungen und Mehrfachnutzungen sowie deren funktionale Voraussetzungen nachgegangen. In den untersuchten Analysen des beispielhaften Wohngebäudes Unité d’habitation und des Bürogebäudes Dreischeibenhaus und deren Transformation, konnten vor allem drei Funktions-Cluster definiert werden, die zu einer heterogenen Nutzungsdurchmischung eines hybriden Space Sharing Gebäudes beitragen:
Funktionscluster I: Wohnen / Schlafen / Essen
Funktionscluster II: Arbeiten / Produzieren
Funktionscluster III: Konsum / Kultur
Aus den vorangegangenen Studien wird ersichtlich, dass die Ergänzung weiterer Funktionen und die intelligente Anordnung aus NutzerInnen, Nutzungen und verschiedenen Zeitintervallen sowie einer Kombination aus den verschiedenen Arten des Space Sharings, entscheidende Faktoren für das Entstehen von zukunftsfähigen Gebäuden mit voll ausgenutzten Flächen ohne Leerstand sind.
Bei dem hier konzipierten hybriden Space Sharing Rise handelt es sich um die Typologie eines Punkthochhauses dessen Hülle durch unregelmäßige Einschübe funktionaler Außenräume unterbrochen wird. Die Gebäudehülle lässt pixelartig unterschiedlich große, teilweise mehrgeschossige, Nutzungseinheiten ablesen. Im Innern des Gebäudes befindet sich der Erschließungskern als vertikales Element. Darin enthalten sind neben zwei Treppenkernen und 4 Fahrstühlen, je Geschoss ein H-förmiges Erschließungsgangsystem, das sowohl als horizontale Verkehrsfläche, als auch bei Bedarf als Verbindung bzw. Erweiterung der einzelnen Einheiten dienen kann. Bei den Regelgeschossen handelt es sich um 4-8 Spänner. Bei den Sondergeschossen um 1-3 Spänner. Um die Nutzflächen entlang der Fassaden möglichst frei und flexibel gestalten zu können, sind auch die Steigleitungen zur Versorgung mit Trink- und Löschwasser, Gas und Elektrizität, Abwasser- und Heizungsrohren im Erschließungskern verortet.
Das Gebäude umfasst Wohnungen verschiedener Größe und Art, Kleingewerbeeinheiten, soziale und kulturelle Einrichtungen, Gastronomie, verschiedenste Produktionsstätten, sowie ein Logistikzentrum zur An- und Ablieferung von Gütern und Waren. Im Erdgeschoss befindet sich ein großzügiges Foyer, welches über drei Geschosse unter anderem Platz für gelegentliche Veranstaltungen, kulturelle Ereignisse oder Ausstellungen bereithält. Das Flachdach steht als begehbarer Außenbereich mit Agrarflächen und Sportanlagen allen NutzerInnen des Hauses zur Verfügung.
Die Besonderheit der Funktionsanordnung im Gebäude ist, dass sie stark multifunktional angelegt wird. Notwendige Funktionen wie Gemeinschaftsküchen oder Sanitäranlagen sind losgelöst von den einzelnen Space Sharing Einheiten auf den Geschossen angeordnet, damit die Raumaufteilungen flexibler zugeordnet werden können. So kann bspw. eine Schlafstätte, tagsüber zur Kindertagesstätte und abends zum Tonstudio werden, oder eine Indoor Farm, die Lebensmittel produziert, wird tagsüber zum Supermarkt, abends zum Pop-Up Restaurant und nachts zum Indoor Camping Platz.
Die Case Study – Living 4.0 kommt schließlich zum Ergebnis, dass die Form der Gebäude ähnlich agiert wie eine noch nicht definierte Gebäudehülle, die mit vielfältigen Funktionen befüllt bzw. angereichert werden kann. So macht es nun den möglichen Anschein, dass vor allem Bestandsgebäude jeglicher Art und Funktion für Space Sharing Typologien geeignet sind. Hierbei ist jedoch anzumerken, dass Bestandsgebäude oftmals aufgrund ihrer statischen Eigenschaften und Größe manch geeignete Räume und Funktionen von vornherein ausschließen. Dies führt zur Erkenntnis, dass die Entwicklung neuer hybrider Space Sharing Gebäude ebenso relevant ist (hier im Ansatz an der Punkthochhaus Typologie exemplarisch aufgezeigt) wie die Nutzung von Bestandsgebäuden.
Anhand der vorangehenden Untersuchung der verschiedensten Funktionskombinationen wird abschließend angemerkt, dass Beispielsweise Kongressräume, Schwimmhallen oder Sporthallen, die für Space Sharing im großen Maßstab sehr dienlich sind, sich aber oft aufgrund bestehender niedriger Gebäudetiefe (je nach Erschließungsart 10 bis maximal 24 Meter) nicht in bestehende Typologien von Büro- und Wohnbauten integrieren lassen. In diesen Fällen sind dementsprechende tiefe Gebäude als Ergänzungsbauten zielführend. Umgekehrt verhält es sich bei der Umnutzung und Hybridisierung von weitgehend monofunktionalen Sonderbauten mit großer Gebäudetiefe. Vor allem Wohnnutzungen sind bei Einhaltung entsprechender Belichtungstiefen oft nur in den Randbereichen oder nach einer Entkernung dieser Big Buildings möglich. Auch hier können Ergänzungsbauten mit Erschließungs- und Grundrisstypologien, geeignet jedoch für hybride Funktionen (z.B. Wohnen/Arbeiten), zum notwendigen Nutzungsmix beitragen (siehe Dreischeibenhaus und Unité d’Habitation).
Quartiere, die unterschiedliche Erschließungstypologien (Spänner, Laubengang, Mittelgang bzw. Kombinationen daraus) und verschiedene Gebäudetypologien (verdichteter Flachbau, Riegel, Hochhaus, Big Building, etc.) miteinander verbinden, sind aufgrund ihrer typologischen und räumlichen Vielfältigkeit für Space Sharing und damit für eine 24/7-Nutzung besonders gut geeignet. Diese Quartiershybride können in Zukunft wichtige Beiträge zur Transformation nachhaltiger Städte leisten.